Können sich Mikroben unterhalten?
Mikroben kommunizieren miteinander. Wir Menschen können diese Sprache zwar nicht hören, erleben aber zum Teil die Auswirkungen dieser Kommunikation: So wachsen manche Bakterien nach „Absprache“ in geschützten Zellanhäufungen, den Biofilmen, die wir als schleimige Beläge (auf Dichtungen oder in Einspülkammern der Waschmaschine) kennen. Bakterien benutzen für ihre Unterhaltung kleine chemische Moleküle. So erfassen sie, wie viele und welche Nachbarn in ihrer Umgebung sind. Ist ein gewisser Schwellenwert an chemischen Molekülen - ein Quorum - erreicht, aktivieren sie ein bestimmtes Verhalten, beispielsweise die Leuchtfähigeit (Biolumineszenz) oder eben die Bildung von Biofilmen. Daher wird die Sprache der Bakterien auch als Quorum sensing („Messen einer Anzahl“) bezeichnet. Die Sprache der Mikroben ist so vielfältig wie die menschliche. Es existieren verschiedene Sprachen - also chemische Moleküle - vergleichbar den unterschiedlichen Landessprachen. Innerhalb einer Landessprache gibt es zudem diverse Dialekte, also verschiedene strukturelle Varianten eines Signalmoleküls. In einer Mikrobengemeinschaft gibt es Bakterien, die sowohl sprechen als auch zuhören können und solche, die nur zuhören, aber selbst nicht sprechen und sich somit innerhalb der Gemeinschaft verstecken. Jede Bakterienart beherrscht unterschiedlich viele Sprachen. Durch Kommunikation treten Mikroben ähnlich wie wir Menschen miteinander in Beziehung und teilen sich so ihre Handlungsabsichten mit.
© Text und Abbildung Nancy Weiland-Bräuer / VAAM, nweiland[at]ifam.uni-kiel.de, Nutzung gemäß CC 4.0
zum Weiterlesen:
Small Talk - Die stille Kommunikation der Bakterien I Narrareno Dominelli, Ralf Heermann I Biologie in unserer Zeit, Dez. 2020