Warum mögen Bakterien keine Marmelade?

Süße Marmelade könnte auch für Bakterien verführerisch sein – ist sie aber nicht: Selbstgemachte oder gekaufte Marmelade ist selbst bei Raumtemperatur haltbar. Der hohe Zuckergehalt konserviert die gekochten Früchte sehr zuverlässig. Grund dafür ist die herabgesetzte Wasseraktivität, also die Menge des verfügbaren Wassers (nicht der Wassergehalt!). Wie alle Lebewesen brauchen Bakterien Wasser zum Leben. Da Zucker viel Wasser bindet, steht davon in der Marmelade wenig zur freien Verfügung. Schlimmer noch: Bakterien wird im Kontakt mit Marmelade sogar Wasser entzogen, sie „verdursten“.

Ein weiterer Konservierungstrick ist das mehrminütige Kochen der Marmelade: Die hohen Temperaturen sind für die allermeisten Bakterien tödlich. Heiß in sauber gespülte Gläser eingefüllte Marmelade ist daher sehr lange haltbar. Geöffnete Marmelade kann allerdings oberflächlich trotzdem schimmeln – denn sowohl Pilzsporen als auch Nährstoffe gelangen durch Besteck oder Luft auf die Oberfläche der Marmelade.

Auf der Reduzierung der Wasseraktivität beruhen auch andere Konservierungsmethoden: Das Kandieren von Lebensmitteln nutzt wie die Marmeladenherstellung Zucker. Kochsalz hat den gleichen Effekt: Beim Einsalzen (Pökeln) erniedrigt es die Wasseraktivität. Auch das Räuchern von Fleisch, Fisch und Wurst, z. T. bei hohen Temperaturen, trocknet diese Lebensmittel und setzt die Wasseraktivität herab.

Manche Mikroorganismen haben Strategien entwickelt, um auch bei niedrigen Wasseraktivitäten (über)leben zu können. Sie produzieren im Zellinnern selbst „wasserbindende“ gelöste Substanzen. Dadurch können sie Wasser im Inneren halten und Umgebungen mit geringer Wasserverfügbarkeit besser tolerieren. So ist die Art Halobacterium salinarum an extrem salzige Bedingungen angepasst und überlebt sogar in Salinen. Nur wenige Pilze der Gattung Penicillium oder Saccharomyces können Marmeladen und süße Fruchtkuchen besiedeln.

Die Wasseraktivität aw ist definiert als das Verhältnis des Dampfdrucks des Lebensmittels im Verhältnis zu dem von reinem Wasser (aw = p / p0). Marmelade hat einen aw-Wert von 0,7-0,8 und liegt ähnlich wie Salami (0,82) unter Käse (0,85) und Brot (0,95). Einen geringeren aw-Wert (und damit eine höhere Haltbarkeit) haben Nüsse (0,7), getrocknete Früchte (0,6) und Nudeln (0,5).

Wer wissen will, welchen Einfluss diese Werte auf das Verderben von Lebensmitteln am Frühstückstisch haben, muss es nicht selbst testen. Das Team von Quarks & Co. hat für ein reichliches Mahl gedeckt und es dann drei Wochen stehen lassen: Das Ergebnis: Bitte nicht nachmachen! Und: Marmelade hält einfach am längsten!

Zum Weiterlesen:

Sperber, W.H. (1983): Influence of water activity on foodborne activity – a review. In: Journal of Food Protection, Vol. 46 (2), 142-150

US Food and Drug Administration (1984, 2014): Water activity aW in Foods

© Text und Abbildung: Adrian Hochkeppel, UFZ/ VAAM, adrian.hochkeppel[at]ufz.de, Nutzung gemäß CC 4.0