Was machen Photosynthesebakterien bei Nacht?
Photosynthese-Bakterien nutzen das Sonnenlicht als Energiequelle. Daher laufen in diesen Mikroben – dazu zählen Purpur-, Grüne -, Helio- und Cyanobakterien - die meisten Prozesse, wie zum Beispiel die Zellteilung, tagsüber ab. Doch die Zellen schlafen nicht bei Nacht; auch in den Dunkelphasen sind sie aktiv, wenn auch weniger als am Tag. Hauptsächlich verbrauchen sie den am Tag aufgebauten Zucker. Zudem entsorgen Bakterien in der Nacht giftige Stoffe, wie zum Beispiel Sauerstoffradikale.
Viele Cyanobakterien stellen in der Nacht Cyanophycin her, eine Art Stickstoffspeicher. Grundbausteine für dieses stickstoffreiche Biopolymer sind die Aminosäuren Arginin und Aspartat. Cyanophycin wird dann im Laufe des Tages wieder zu Aminosäuren abgebaut und in den Stoffwechsel eingegliedert. Dies gewährleistet eine kontinuierliche Stickstoffbereitstellung der Zellen.
Neben Cyanophycin speichern Cyanobakterien Glycogen. Dies ist, ähnlich der Stärke aus Pflanzen, ein aus Glukose aufgebauter Vielfachzucker. Cyanobakterien speichern Glykogen im Tagesverlauf oder unter ungünstigen Umweltbedingungen in Granula. Sie bauen Glykogen nachts aber nicht wie die meisten Bakterien über die Glykolyse ab, sondern nutzen vorwiegend einen anderen Stoffwechselweg (den oxidativen Pentosephosphat-Stoffwechselweg). Ein Grund dafür ist, dass Cyanobakterien im Gegensatz zu heterotrophen Bakterien vorwiegend NADPH als Cofaktor für Enzyme nutzen und dies über den Pentosephosphatweg bereitgestellt wird.
Eine besondere Gruppe von Cyanobakterien kann molekularen Stickstoff fixieren (s. a. hier). Entsprechende Vertreter nutzen dafür entweder spezielle Zellen, die Heterocysten, oder aber trennen dies zeitlich von der Photosynthese. Der Grund für die Trennung dieser beiden Prozesse ist die Sauerstoffempfindlichkeit der Nitrogenase, dem Enzym, das die Stickstofffixierung katalysiert. Einzellige Cyanobakterien fixieren Stickstoff daher in der Nacht. Dafür nutzen die Zellen den am Tag mittels Photosynthese aufgebauten Zucker als Energiequelle und produzieren Cyanophycin. Diesen Vorgang kontrolliert eine innere Uhr. Cyanobakterien sind die einzigen bekannten Bakterien mit zirkadianem („fast täglichen“) Rhythmus. Dieser ermöglicht es den Zellen, die inneren Stoffwechselwege in einem Tag-Nacht-Rhythmus zu koordinieren. Zum Beispiel erlaubt es die innere Uhr den Cyanobakterien, sich auf zu erwartende Lichtveränderungen einzustellen und ihren photosynthetischen Apparat bereits vor Sonnenauf- bzw. -untergang zu „aktivieren“. Ein weiteres Beispiel für eine unterschiedliche Tag-Nachtaktivität ist die Bewegung von Cyanobakterien in Sedimenten. Beispielsweise an Küsten wandern Cyanobakterien bei starker Sonneneinstrahlung nach unten und bei Dunkelheit zurück an die Oberfläche. Dieser Mechanismus schützt die Zellen vor Austrocknung und zu hohen Lichtintensitäten.
Zum Weiterlesen:
https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/mikrobe-im-zwei-schicht-betrieb/
© Text: Jörg Toepel Joerg.toepel[at]ufz.de
Abbildung: Jörg Toepel Nutzung gemäß CC4.0