Wer hat die Mikroben entdeckt?

Der Entdecker der Mikroben musste über eine Lupe verfügen, um Objekte vergrößern zu können, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind. Aber es war weder ein Optiker, noch ein Techniker oder Biologe, sondern ein Tuchhändler, der als erster Mensch Mikroben erblickte: Antoni van Leeuwenhoek aus Delft benutzte, wie zu seiner Zeit üblich, kleine Vergrößerungsgläser, um die Struktur gewebter Fasern und damit die Qualität eines Stoffes zu beurteilen. Es gelang ihm, durch ein selbstentwickeltes Verfahren winzige Glaslinsen außerordentlich hoher Qualität herzustellen.

Leeuwenhoeks „Einlinsenmikroskope“ ermöglichten Vergrößerungen auf das 250- bis 300-Fache. Das reichte nicht nur aus, um Spermien oder Protozoen wie Augentierchen (Euglena) sichtbar zu machen und rote Blutkörperchen exakt zu beschreiben. In trübem Teichwasser und in einer Aufschwemmung von gemahlenem Pfeffer entdeckte er 1675 noch weitaus kleinere, zum Teil bewegliche Objekte, die er „Tierchen“ (Animalcula) nannte. Derartige Bakterien fand er in großer Zahl auch im Zahnbelag. Dabei erkannte er sogar unterschiedliche Formen, die wir heute als Stäbchen, Kokken und Spirillen kennen. Der Royal Society of London berichtete Leeuwenhoek, dass die Zahl dieser Tierchen im Mund eines Menschen größer sein müsse als die Zahl der Untertanen eines Königreichs. Die absolute Größe seiner Mikroben konnte er noch nicht messen. Doch durch Größenvergleiche und spezielle Berechnungen kam er zu dem Schluss, dass mehr als 110 Millionen davon gerade mal die Größe eines Sandkorns erreichen würden.

Wie er seine Glaslinsen herstellte, hat er nie preisgegeben. Wahrscheinlich sind sie nicht allein durch Schleifen entstanden, sondern aus winzigen Kugeln von geschmolzenem Glas. Ein solches Kügelchen mit einem Durchmesser von einem Millimeter befestigte er zwischen zwei durchbohrten Metallplatten und hielt es zum Betrachten eines Objekts dicht vor das Auge. Leeuwenhoek erzielte damit eine deutlich stärkere Vergrößerung als der englische Naturforscher Robert Hooke. Der hatte bereits zehn Jahre zuvor aus zwei Glaslinsen zusammengesetzte Mikroskope gebaut und damit verschiedenartige biologische Objekte betrachtet, darunter auch Schimmelpilze. Die dabei erkannten Strukturen brachten ihn dazu, den Begriff „Zelle“ in die Biologie einzuführen – die Bezeichnung für den Grundbaustein aller Lebewesen. Seine Apparaturen lieferten aber nur eine maximal 50-fache Vergrößerung. Erst mehr als 200 Jahre später standen wieder Mikroskope zur Verfügung, die eine ähnlich hohe Auflösung erreichten wie die Geräte Leeuwenhoeks.

Die Berichte über die Existenz einer bisher unsichtbaren Mikrobenwelt stießen bei vielen Wissenschaftlern der Royal Society, deren Mitglied Robert Hooke war, zunächst auf Ablehnung. Man glaubte dem Hobbyforscher Leeuwenhoek nicht. Daher musste er das, was er sah, durch vertrauenswürdige Persönlichkeiten – darunter Minister, Ärzte und Juristen – bezeugen lassen und entsprechende Erklärungen nach London schicken. Die Menschen seiner Zeit kannten zwar Teleskope, mit denen man neue Himmelskörper entdecken konnte. Doch niemand wollte glauben, dass der Blick durch eine Glaslinse einen Mikrokosmos unbekannter Lebensformen sichtbar machen kann.

Übrigens sind Einlinsenmikroskope heute wieder verbreitet und zwar als Vorsatz für die Kamera von Smartphones. Man kann so ein kleines Mikroskop relativ günstig erwerben oder es mit etwas Geschick nach Anleitung selber basteln. Die beobachteten Objekte lassen sich dann bequem fotografieren und per Video aufzeichnen.

© Text Joachim Czichos / VAAM, czichos[at]czience.de, Nutzung gemäß CC 4.0

Abbildung: Antoni van Leeuwenhoek entwickelte das erste Mikroskop: Das Objekt auf der Nadel wurde durch eine Linse betrachtet und mit zwei Schrauben fokussiert, gemäß CC 4.0