Wie reden Pilze miteinander?
Pilze haben eine eigene und vielfältige Sprache. Sie kommunizieren rege mit Artgenossen, aber auch mit anderen Lebewesen. So verschaffen sie sich Wettbewerbsvorteile. Einzellige Hefepilze beispielsweise tauschen über kleine chemische Botenstoffe wie Peptide, Alkohole oder flüchtige Substanzen Informationen aus. So können sie erfassen, wie viele Zellen in ihrer Nachbarschaft leben, also wie hoch die Dichte der Lebensgemeinschaft ist (Quorum sensing). Überschreiten die Botenstoffe einen bestimmten Schwellenwert, schaltet dies viele Gene an oder aus. So kann die Gemeinschaft koordiniert handeln, wenn die Umweltbedingungen günstig sind. Pilze bilden auch Lockstoffe, die Pheromone. So können sie mit möglichen Partnern kommunizieren, um sich sexuell zu vermehren — ähnlich funktioniert das übrigens auch beim Menschen. Derzeit wird daran geforscht, mit diesen Lockstoffen gezielt Hochleistungs-Pilzstämme zu züchten für die industrielle Herstellung von Enzymen oder Biotreibstoffen.
Manche Pilze „reden“ mit Insekten, um ihre Sporen besser verteilen zu können: Sie produzieren Lockstoffe für Bestäuber, zum Beispiel Bienen. Die Pilzsporen reisen dann mit den bestäubenden Bienen als blinde Passagiere mit von Blüte zu Blüte. So können sie neue Gebiete besiedeln. Manche Hefen können uns Menschen beeinflussen, wenn sie als Parasiten in unserem Körper leben wollen: Sie produzieren aktiv Stoffe, die unsere Immunantwort unterdrücken.
Bestimmte Pflanzen nutzen Pilze sogar als Boten. Sie leben gemeinsam mit Wurzelpilzen; diese Lebensform heißt Mykorrhiza (griechisch für „Pilzwurzel“). Die Pilze geben Mineralien aus dem Boden an die Wurzeln der umliegenden Pflanzen ab. Im Gegenzug versorgen die Pflanzen die Mykorrhiza-Pilze mit Zuckern, die sie aus der Photosynthese gewinnen. Von Schädlingen befallene Pflanzen können chemische Warnsignale über das unterirdische Pilzgeflecht an verbundene Nachbarpflanzen weiterleiten. Diese können sich daraufhin gegen einen Befall wappnen. Besonders in Wäldern können diese Netzwerke beeindruckende Ausmaße annehmen; sie werden daher auch Wood Wide Web genannt.
Zum Weiterlesen:
F. Cottier F., Mühlschlegel F. A. (2012) Communication in Fungi. Int J Microbiol. vol. 2012:9.
© Text und Abbildung Charlotte Steiniger / VAAM, c.steiniger[at}tu-berlin.de, Nutzung gemäß CC 4.0