Sind Archaeen auch Bakterien?

Archaeen sind wie Bakterien einzellige Mikroorganismen ohne echten Zellkern. Gemeinsam werden sie als „Prokaryoten“ (griech., ohne Kern) bezeichnet. Daher sehen sich Archaeen und Bakterien auf den ersten Blick ähnlich, unterscheiden sich jedoch in ihren Zellstrukturen grundlegend. Archaeen gelten als sehr alte Lebensformen, daher ihr Name (griech. archaios, uralt). Auch wenn Archaeen gewisse biologische Merkmale mit Bakterien teilen, weisen sie viele Archaeen-spezifische Eigenheiten und sogar einige Charakteristika auf, die man nur von Eukaryoten (also Zellen mit echtem Zellkern) wie Pflanzen oder Tieren kennt. Daher werden Archaeen neben den Bakterien und Eukaryoten als separate Domäne im Stammbaum des Lebens geführt. Mittlerweile gehen Forscher davon aus, dass sich Zellen mit echtem Zellkern (Eukaryoten) und damit Pflanzen, Pilze, Tiere und Menschen aus den Archaeen heraus entwickelt haben.

Ein wichtiger Unterschied zu Bakterien ist der Aufbau von grundlegenden Zellstrukturen wie der Zellwand oder der Zellmembran. Zum Beispiel fehlen der archaeellen Zellmembran die typischen Fettsäuren der bakteriellen Membran. Ein weiteres grundlegendes

Unterscheidungsmerkmal ist das Enzym DNA-abhängige RNA-Polymerase, das für die Transkription benötigt wird.

In bestimmten Archaeen (Asgard) wurden typische Eukaryoten-Proteine entdeckt. Dies entfachte die Diskussion um die Entstehung höherer Lebensformen neu. Forscher nehmen heute an, dass die „Urzelle“ der Eukaryoten eine archaeelle Zelle war, in die eine bakterielle Zelle eingewandert ist.

Methanproduzierende Archaeen (Methanogene) wurden schon Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt, doch damals aufgrund ihrer Größe und des Fehlens eines Zellkerns zu den Bakterien gezählt. Diese Einordnung widerlegte Carl Woese 1977 durch seinen Vergleich von Nukleinsäuren aus den Ribosomen. Er zeigte, dass es sich bei den Archaeen um eine gleichrangige dritte Gruppe neben den schon bekannten Eukaryoten und Bakterien handelt. Den Namen wählte er, da diese Organismen vermutlich schon vor 3-4 Milliarden Jahren auf der Erde existierten.

Rund um den Erdball wurden seitdem viele weitere Vertreter der Archaeen gefunden, vor allem in sehr heißen, salzigen oder sauren Lebensräumen wie der Tiefsee, sauerstofffreien Sedimenten, brennenden Kohleabraumhalden oder heißen Schwefelquellen. Oft besitzen sie eine tragende Rolle für die Stoffkreisläufe der Erde. Ein Archaeon, das bei 100°C am besten wächst, ist die „rasende Feuerkugel“, Pyrococcus furiosus. Sie wurde aus heißen marinen Sedimenten in Italien isoliert und dient heute als Modellorganismus der Archaeenforschung.

Inzwischen weiß man, dass Archaeen nicht nur an extremen Standorten, sondern praktisch überall vorkommen, auch auf und in uns Menschen. So helfen Archaeen etwa in unserem Darm beim Abbau komplexer Nährstoffe. Seit 2013 wissen wir, dass Archaeen auf unserer Haut leben, auch wenn ihre Aufgabe dort noch unklar ist. Bisher wurden noch keine Krankheitserreger unter den Archaeen identifiziert, deshalb geht man davon aus, dass Archaeen für Menschen, Tiere und Pflanzen nicht gefährlich sind.

Archaeen werden in der Biotechnologie und im Energiesektor genutzt. Methanogene Archaeen tragen in Biogas- oder Methanisierungsanlagen zur Gewinnung und Speicherung erneuerbarer Energie bei und sind damit unverzichtbarer Bestandteil einer erfolgreichen Energiewende. Auch die Enzyme der Archaeen sind aus Bereichen wie der Waschmittelindustrie oder dem Laboralltag (Polymerase-Ketten-Reaktion, Polymerase aus P. furiosus) nicht mehr wegzudenken. Hier macht man sich zu Nutze, dass die Enzyme vieler Archaeen bei hohen Temperaturen aktiv sind.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des hyperthermophilen Archaeons Pyrococcus furiosus (Quelle: Prof. Dr. Andreas Klingl, LMU München)

Zum Weiterlesen:

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Archaeen

https://www.laborjournal.de/rubric/special/special/2020_09_04.php

© Text Annett Bellack, Florian Mayer, Dina Grohmann und Harald Huber /VAAM, Dina.Grohmann[at]biologie.uni-regensburg.de, Nutzung gemäß CC 4.0

© Abbildung Sarah Willkomm, Nutzung gemäß CC 4.0