Sind Pilze Mikroben?

Pilze sind weder Pflanze noch Tier noch Bakterie. Sie bilden eine eigenständige Gruppe; dazu gehören einzellige Hefepilze, mehrzellige, fadenförmige Schimmelpilze und natürlich auch die klassischen Ständerpilze (Basidiomyceten) des Waldes. Nur die einzelligen Hefepilze zählen aufgrund ihrer Größe und aus historischen Gründen zu den Mikroben.

Die Gesamtheit allen Lebens stammt vermutlich von einer kleinen Urzelle ab, woraus sich der heutige Lebensbaum in seiner Vielfalt entwickelt hat. Die Äste des Baumes fassen Gruppen zusammen, die sich ähneln. Pilze sind verwandt mit Tieren und Pflanzen und gehören zur Organismengruppe mit einem Zellkern (Eukaryoten), anders als Bakterien und Archaea (Prokaryoten).

Pilze sind mit dem Reich der Tiere näher verwandt als mit dem Reich der Pflanzen. Diese Verwandtschaftsverhältnisse ermitteln Forscher üblicherweise über Ähnlichkeiten von ausgewählten Genen. Auch der Stoffwechsel von Pilzen ähnelt mehr den Tieren und Menschen: Während Pflanzen ihre Energie zum Leben aus Licht gewinnen (Photosynthese), stammt sie bei Pilzen aus Kohlenstoffverbindungen, also zum Beispiel Zucker.

Die meisten Pilze sind vielzellig und bilden ein weitreichendes, komplex verzweigtes Netzwerk aus länglichen Zellen, den Hyphen. Dieses Netzwerk (oder Myzel) durchdringt weite Teile des Bodens. Damit erreichen diese Pilze verschiedene, weit entfernte Nahrungsquellen und überbrücken so teilweise Distanzen von mehreren Kilometern. Der Ständerpilz auf dem Waldboden ist nur der Fruchtkörper, ein kleiner Teil des eigentlichen Organismus, der sich vor uns verborgen im Untergrund ausbreitet.

Pilze sind auf unserem Planeten nicht wegzudenken und überaus wichtig. Sie sind darauf spezialisiert, widerstandsfähige Naturmaterialien zu zersetzen, aus denen die Pflanzen aufgebaut sind. Als „Zersetzer“ (Destruenten) nehmen sie einen bedeutenden Platz in unserem Stoffkreislauf ein. Sie setzen Holzfasern, Blätter und sogar Rinde zu Erde um und schaffen somit die Basis für neues Leben. Mykorrhizapilze stellen vielen Pflanzen lebenswichtige Nährstoffe wie Phosphor bereit und schützen Pflanzen vor Krankheiten. Pilze reinigen sogar den Boden von giftigen Schadstoffen, beispielsweise Pestiziden der Landwirtschaft.

Viele Pilzarten sind mikroskopisch klein und daher, neben den Bakterien und Archaeen, auch ein wichtiger Bestandteil der Mikrobiologie. Unzählige Stoffe, die von Pilzen produziert werden, sind für den Menschen sehr wertvoll. So wurde beispielsweise das erste Antibiotikum, das Penicillin, in einem Schimmelpilz entdeckt. Der Hauptproduzent von Zitronensäure, die als Konservierungsstoff und Entkalker verwendet wird, ist ebenfalls ein Schimmelpilz. Weiterhin finden zahlreiche pilzliche Enzyme Anwendung in der Lebensmittel-, Pharma- und Textilindustrie oder auch in der Landwirtschaft.

Zum Weiterlesen:

https://www.ted.com/talks/paul_stamets_on_6_ways_mushrooms_can_save_the_world?language=en

https://www.sciencedirect.com/book/9780123820341/the-fungi

© Text und Abbildung Stephan Starke / VAAM, s.starke[at]tu-berlin.de, Nutzung gemäß CC 4.0