Was ist ein Mikrobiom?
Ein Mikrobiom ist eine hochkomplexe Gemeinschaft von Mikroorganismen, die in einem bestimmten Bereich miteinander leben, im engeren Sinne in und auf Lebewesen oder Pflanzen. Diese Gemeinschaft besteht aus einer Vielzahl verschiedener Mikroorganismen, also aus mikroskopisch kleinen Bakterien, Archaeen, Pilzen, anderen Einzellern und Viren, die eng zusammenarbeiten. Die Mikroorganismen (auch Mikroben oder Mikrobiota genannt) sind mit dem bloßen Auge nicht erkennbar, obwohl sie in sehr großer Zahl vorhanden sind. Zum Mikrobiom gehört auch ihr „Aktionsraum“, also alle Stoffe, die diese Mikroorganismen herstellen, etwa ihr Erbgut, Enzyme oder kurzkettige Fettsäuren oder Enzyme, sowie ihre Bestandteile, wie z.B. ihr Erbgut (DNA).
Das menschliche Mikrobiom ist am besten erforscht. Es besteht aus einer Vielzahl von Mikroorganismen, die alle mit der Außenwelt in Verbindung stehenden Oberflächen des menschlichen Körpers besiedeln. So beherbergen z.B. der Genitalbereich, die Mundhöhle, die Haut und die Nase Mikrobiome, die in ihrer Zusammensetzung jedoch sehr unterschiedlich sind. In verschiedenen Bereichen unseres Körpers leben ungefähr 1,3mal mehr Mikroben (ca. 39 Billionen) als wir eigene Körperzellen (ca. 30 Billionen) haben. Wegen ihrer geringen Größe machen sie aber lediglich 1-3% unseres Körpergewichts aus. Besonders im Fokus steht beim Menschen das Darmmikrobiom, da die Mikroorganismen hier eine lebenswichtige Rolle bei der Verdauung und Nährstoffaufnahme spielen, zur Synthese von Vitaminen beitragen, das Immunsystem regulieren und so dem menschlichen Organismus positiv unterstützen. Generell stellt ein Mikrobiom meist eine recht stabile und ausbalancierte Gemeinschaft dar. Ein Ungleichgewicht in dieser Gemeinschaft (Dysbiose) stört das komplexe Zusammenspiel und wird mit verschiedenen Krankheiten wie Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn), Autoimmunerkrankungen, Diabetes oder sogar psychischen Störungen (z.B. Depression) in Verbindung gebracht.
Mikrobiome im weiteren Sinne sind nicht auf Lebewesen beschränkt, sondern können auch viele andere natürliche Lebensräume umfassen, etwa Boden, Wasserquellen, Luft umfassen, aber auch künstlich geschaffene Räume wie eine Biogasanlage. Das Mikrobiom der Umwelt ist von entscheidender Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Ökosystemfunktionen und spielt eine wichtige Rolle bei Nährstoffkreisläufen, Schadstoffabbau und Pflanzengesundheit. So liefern z.B. mit den Pflanzenwurzeln vergesellschafte Mykorrhizapilze wichtige Salze wie Nitrat und Phosphat an die Pflanze.
Die Mikrobiomforschung ist ein noch relativ junges Forschungsfeld. Durch die Weiterentwicklung der Technik (insbesondere der Sequenzierung großer DNA-Mengen) und Analysemöglichkeiten ("OMICS-Technologien") können Mikrobiome immer detaillierter untersucht werden. Dabei werden nicht nur die einzelnen Mikroorganismen identifiziert und somit geklärt, aus welchen Taxa sich ein Mikrobiom zusammensetzt. Anhand der umfangreichen OMICs-Methoden kann nun auch darüber hinaus das genetische Potenzial des Mikrobioms (Genomics) und dessen Aktivität (Transcriptomics) untersucht werden, sowie die Stoffwechselvorgänge (Metabolomics) und exprimierten Proteine (Proteomics) bekannt gemacht werden. Dieses erworbene Wissen hilft, das Mikrobiom und die Zusammenhänge dieser komplexen Gemeinschaften zu verstehen und somit auch gegebenenfalls aktiv in diese einzugreifen, um sie zu verbessern oder gezielt zu lenken. Das kann bei personalisierter Medizin oder in der Landwirtschaft Anwendung finden und dort von großem Nutzen sein. Ziel der Mikrobiomforschung ist es, die Interaktion der Mikroben untereinander und mit ihrer Umgebung sowie ihre Reaktionen auf Störungen besser zu verstehen.
Literatur zum Weiterlesen und -schauen:
Wunderwaffe Mikrobiom - Kleine Helfer, große Wirkung (Youtube)
Darm-Mikrobiom: Aufbau, Funktion, Stärkung
Wie Bakterien unseren Körper beherrschen – Das Mikrobiom (Youtube)
Mikrobiom: Wie Mundbakterien die Gesundheit beeinflussen (Spektrum.de)
Why we need to worry about microbes when we send humans to Mars (Youtube)
Abbildung: Darmmikrobiom - kolorierte elektronenmikroskopische Aufnahme einer Stuhlprobe
© Text: Charlotte Julia Neumann, MedUni Graz, charlotte.neumann[at]medunigraz.at, Abbildung: Dagmar Kolb, MedUni Graz
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